29.05.2024 - 19:39 | Quelle: Transfermarkt.co.uk | Lesedauer: unter 5 Min.
Über Zeit in Burnley & Anderlecht
©IMAGO
Der FC Bayern München hat nach langer Suche einen neuen Cheftrainer gefunden: Vincent Kompany. Nach den Absagen von Xabi Alonso, Julian Nagelsmann, Ralf Rangnick und dem nun aus dem Amt scheidenden Thomas Tuchel wurde der Deal mit dem Coach des FC Burnley am Mittwoch verkündet. Für den 38-jährigen Belgier, der in seiner aktiven Karriere für den HSV in Deutschland spielte und die meisten Partien für Manchester City absolvierte, werden 12 Millionen Euro Ablöse fällig. Doch wie kommen die Bayern dazu, so viel Geld in einen relativen Trainerneuling zu investieren, in dessen bisheriger Vita „nur“ drei Jahre bei seinem Jugendklub RSC Anderlecht sowie der Auf- und Wiederabstieg mit Burnley in England stehen?
„Ich denke, dass die britische Öffentlichkeit und sogar die Fans von Burnley mehr als überrascht sein werden, dass Kompany nach dem Abstieg aus der Premier League zum deutschen Rekordmeister wechselt“, sagte Ben Littlemore, Content Manager bei Transfermarkt UK. Aber vielleicht ist es ja gar keine so große Überraschung. Nach der Niederlage der Bayern gegen Stuttgart am 32. Spieltag hatte Sportchef Max Eberl angedeutet, dass der nächste Trainer ein zuvor nicht häufig besprochener Kandidat sein könnte. „Manchmal öffnen sich Türen, von denen man gar nicht erwartet hat, dass sie sich öffnen“, sagte er.
Update 30.05.: Am Mittwoch nach der offiziellen Meldung von Kompanys Unterschrift sagte Eberl, der neue Coach sei „ein absoluter Gewinn und eine spannende Geschichte, die wir jetzt schreiben wollen“. Kompany wird sich am Donnerstag (11.00 Uhr) in der Allianz Arena erstmals der Öffentlichkeit präsentieren. „Alle, die mit ihm jetzt Kontakt haben werden, werden merken, was für ein großartiger Mensch er ist“, sagte Eberl.
Es gibt einige gute Argumente für und gegen die Ernennung Kompanys zum nächsten Bayern-Trainer. Zunächst ist nicht zu leugnen, dass die Münchner einen Coach bekommen, der es nicht geschafft hat, seinen Verein in der Premier League zu halten. Die 2023 noch souverän aufgestiegenen Clarets holten nur 24 Punkte in 38 Partien im englischen Oberhaus. „Burnley war ziemlich abhängig von Leihspielern und hat in dieser Saison in der Premier League nicht gut ausgesehen“, sagte Littlemore. „Zu Beginn der Saison sagte Kompany immer wieder, dass es Zeit brauche, um das beste Burnley zu sehen. Dann, wenn sie sich erst an die englische Spitzenklasse angepasst haben würden. Aber diese Anpassung kam nie wirklich.“
Mitarbeiter
V. Kompany Alter: 38
FC Burnley
Alle Saisons -
Alle Wettbewerbe
Spiele
96
Gewonnen
41
Unentschieden
24
Verloren
31
Vincent Kompany: Burnley- und Anderlecht-Episoden zeigen Gutes und Schlechtes
Es gibt jedoch zwei Faktoren, die für Kompany sprechen: Zum einen ist da die unglaubliche Meisterschaftssaison, in der Burnley in die Premier League aufstieg. „2022/23 stürmte der Belgier mit Burnley die Meisterschaft, holte 101 Punkte und spielte einen großartigen Angriffsfußball“, so Littlemore. Und dann ist da noch seine Zeit in Anderlecht. Dort wurden die Bayern-Scouts, die vor Ort waren, um Leihspieler Joshua Zirkzee zu beobachten, erstmals auf sein Potenzial aufmerksam.
Auf den ersten Blick erscheint das merkwürdig, denn die Ehe zwischen Anderlecht und Kompany war in Anbetracht der Historie des erfolgsverwöhnten Klubs kein großer Erfolg. Kompany erzielte beim erfolgreichsten belgischen Verein im Durchschnitt „nur“ 1,7 Punkte pro Spiel. Doch wie Bart Tamsyn, Area Manager Belgien bei Transfermarkt, betont, hat der ausbleibende Erfolg nur wenig mit seiner Klasse als Trainer zu tun, sondern vielmehr mit der Tatsache, dass Anderlecht als Verein in großer finanzieller Bedrängnis war.
„Anderlecht war nicht bereit für Kompany“, so Tamsyn. „Mehr als einmal musste er auf junge Spieler zurückgreifen, die aufgrund finanzieller Probleme noch nicht so weit waren, nachhaltigen Erfolg zu garantieren. Anderlecht musste regelmäßig bis zum letzten Moment der Transferperiode warten, um günstige Spieler zu verpflichten, aber zu diesem Zeitpunkt waren bereits fünf Spieltage absolviert und Kompany musste die Neuen dann erst noch integrieren. Am Ende sagten einige, dass Kompany genug Zeit hatte, andere meinten, Anderlecht solle ihm weiterhin vertrauen und mehr dafür tun, dass er seine Ideen und Visionen umsetzen kann.“
Mitarbeiter
V. Kompany Alter: 38
RSC Anderlecht
Alle Saisons -
Alle Wettbewerbe
Spiele
95
Gewonnen
43
Unentschieden
30
Verloren
22
Die Jahre in Anderlecht und Burnley erzählen eine interessante Geschichte über Kompany. „Anderlecht verfügte weder über die Mittel noch über die Infrastruktur, um alle seine Ideen umzusetzen, und der Kader hatte nicht die Qualität, um das Spiel zu spielen, das Kompany im Sinn hatte“, so Tamsyn. Bei Burnley leitete Kompany zunächst einen Verein, der im Vergleich zu anderen Mannschaften in der Championship über erhebliche Ressourcen verfügte, und schlug sich gut. Erst als er in die Premier League aufstieg und mit relativ geringen Mitteln im Vergleich zur Konkurrenz arbeiten musste, bekam er Probleme.
Vincent Kompany: Pep Guardiola ebnete den Weg zu Bayern München
„Kompany hat bei Manchester City und Pep Guardiola sehr viel gelernt“, sagt Tamsyn. In der Tat sprachen die Verantwortlichen an der Säbener Straße sowohl mit Guardiola, der Kompany bei Man City trainierte, als auch mit René Maric, der kürzlich zum Leiter der Trainerentwicklung und Spielphilosophie bei den Bayern ernannt wurde. Maric besuchte Trainingskurse mit Kompany und soll von dem Belgier sehr beeindruckt gewesen sein – nun wird er wohl Assistent des Belgiers bei den Profis.
Mitarbeiter
R. Maric Alter: 31
FC Bayern München II
Saison 23/24 -
RL Bayern
Spiele
Gewonnen
Unentschieden
Verloren
Welchen Fußballstil spielt Kompany? „Burnley versuchte, wie schon in der 2. Liga, die Innenverteidigung aufzuspalten und über sie von hinten heraus zu spielen, mit Pässen zu Mittelfeldspielern, die unter Druck standen und so Platz für ihre Teamkollegen schufen. Aber sie wurden immer wieder überrumpelt und kassierten Gegentore, weil sie diesen Spielstil nicht erfolgreich umsetzen konnten“, so Littlemore. „Vielleicht könnte seine Beharrlichkeit, einen Fußballstil zu spielen, für Bayern attraktiv sein. Ein weiterer wichtiger Anziehungspunkt könnte Kompanys Verbindung zu Pep Guardiola sein, mit dem er in der Endphase seiner Karriere als dessen verlängerter Arm auf dem Feld bei Manchester City eng zusammengearbeitet hat.“
Die Verbindung zu Guardiola mag tatsächlich dazu geführt haben, dass Bayern Kompany verpflichten wird. Bis heute träumen die Bayern-Bosse von einer Rückkehr des Spaniers. Dieser Traum bleibt jedoch unwahrscheinlich. Deshalb hat sich Sportvorstand Eberl nun auf die Suche nach dem nächsten Guardiola gemacht und ist bei Kompany gelandet. Ob das klappt, bleibt abzuwarten. „Da die Bayern in allen Bereichen deutlich mehr Ressourcen haben als Burnley und Anderlecht, könnte es mit Kompany klappen", so Tamsyn. „Aber der Druck von außen wird ein großer Test für ihn als Trainer sein, weil jetzt finanzielle Beschränkungen bei der Umsetzung seiner Visionen keine Ausrede mehr sein können.“
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