Formel 1: Sensationssieg von Carlos Sainz – »Lasst euch den Blinddarm rausnehmen, dann klappt es auch mit dem Gewinnen« (2024)

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Formel 1: Sensationssieg von Carlos Sainz – »Lasst euch den Blinddarm rausnehmen, dann klappt es auch mit dem Gewinnen« (1)

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»Das Leben ist manchmal eine Achterbahn« – besser als mit diesem Satz am Funk gleich nach der Zieldurchfahrt hätte Carlos Sainz junior es wohl nicht beschreiben können. Er gewann den Grand Prix von Australien in Melbourne – nachdem er zuletzt das Rennen in Saudi-Arabien auslassen musste, weil ihm der entzündete Blinddarm entfernt werden musste. Vor dem Start im Albert Park war der Spanier noch unsicher gewesen, »ob ich wirklich das ganze Rennen gut durchstehen und pushen kann«, doch dann nutzte er seine Chance perfekt: Topfavorit Max Verstappen musste zum ersten Mal seit Australien 2022, nach 43 Rennen in den Punkten in Folge, schon sehr früh wegen eines Bremsproblems die Segel streichen.

Damit war der Weg zum Sieg frei für Sainz, der schon im Qualifying seinen Ferrari in die erste Startreihe gestellt und seinen oft höher eingeschätzten Teamkollegen Charles Leclerc deutlich hinter sich gelassen hatte. Der Monegasse hatte dann mit der schlechteren Ausgangsposition auch im Rennen nie wirklich eine Chance auf mehr als den zweiten Platz.

Sainz war schon in der Saison 2023 der einzige Fahrer, der mit seinem Erfolg in Singapur die damalige Siegesserie von Red Bull unterbrechen konnte. Jetzt feierte er den dritten Sieg seiner Karriere – trotzdem hat er für nächstes Jahr noch keinen Vertrag. Auch das meinte er wohl mit dem Hinweis auf die Achterbahn des Lebens: Vor Saisonbeginn, im Januar, teilte Ferrari ihm mit, dass man seinen Ende 2024 auslaufenden Vertrag nicht mehr verlängern werde. Sainz muss Platz machen für Lewis Hamilton, der zusammen mit Leclerc Ferrari wieder in große Höhen führen soll.

Setzt Ferrari auf den richtigen Fahrer?

Wobei in Italien jetzt zum Teil schon Fragen aufkommen, ob diese Entscheidung wohl wirklich die richtige war: Denn Leclerc ist zwar vom Grundspeed her wahrscheinlich der etwas schnellere Fahrer, baut aber seit Jahren immer wieder, wie auch jetzt im Qualifying, den ein oder anderen Fehler zu viel ein und bringt sich damit selbst um viele Chancen. Und der siebenmalige Weltmeister Hamilton macht im Moment bei Mercedes auch nicht unbedingt die beste Figur, bekommt gegen seinen jungen Teamkollegen George Russell kaum einen Stich.

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Dass es nicht ganz einfach gewesen sei, diesen Quasi-Rausschmiss zu verarbeiten, klang bei Sainz immer wieder durch. »Ich musste es trotzdem schaffen, mich perfekt auf die Saison vorzubereiten, kam dann nach Bahrain, konnte dort mit dem dritten Platz hinter den Red Bulls gleich ein gutes Ergebnis erzielen. Und dann kam wieder der bittere Rückschlag in Dschidda.«

Am Tag nach der OP wieder an der Strecke

Ein paar Tage hatte er sich dort schon sehr unwohl gefühlt, zunächst an eine Lebensmittelvergiftung gedacht, ehe er dann am Freitag doch ins Krankenhaus ging. Diagnose: Blinddarmentzündung, sofortige Operation per Laparoskopie. Schon am Samstag zum Rennen tauchte er – gegen den Rat der Ärzte – wieder im Fahrerlager auf. Wohl, um Präsenz zu zeigen – und seinem Ersatzmann, dem Ferrari-Junior Ollie Bearman, klarzumachen: »In Australien bin ich wieder da.«

Wobei es nicht so einfach war, wie er jetzt zugab. Die nächsten sieben Tage in Spanien absolviert er ein ausgeklügeltes Rehaprogramm inklusive viel Bettruhe und Physiotherapie, um so schnell wie möglich wieder fit zu werden. »So etwas geht eigentlich nur als Spitzensportler, wenn man sich 24 Stunden am Tag auf nichts anderes konzentrieren kann und das entsprechende Team von Spezialisten um sich hat«, sagte er.

Formel 1: Sensationssieg von Carlos Sainz – »Lasst euch den Blinddarm rausnehmen, dann klappt es auch mit dem Gewinnen« (9)

Trotzdem kam Sainz in Melbourne im Rennen sichtbar an seine körperlichen Grenzen, musste gerade in den letzten Runden immer wieder den Kopf seitlich an der co*ckpitwand anlehnen, bewegte sich nach dem Rennen dann doch etwas unnatürlich: »Ja, ich bin total steif«, gab er zu, »ich fühlte mich im Auto nicht auf hundert Prozent. Aber als Führender konnte ich mein Tempo einteilen«. Ab der zweiten Runde, als er an Verstappen vorbeiging, der bereits mit der feststeckenden Bremse am Red Bull kämpfte, habe er »geahnt, dass ich das heute schaffen kann«.

Auch Leclerc machte seinem Teamkollegen Komplimente: »Ein tolles Mannschaftsergebnis. Carlos hat wirklich verrückte Tage hinter sich, mit der Operation und nun mit dem Sieg. Ich hatte im ersten Teil des Grand Prix Mühe mit den Reifen, am Ende lief es ein wenig besser. Carlos hat das ganze Wochenende lang den besseren Job gemacht als ich und verdient gewonnen.«

Vater Carlos Sainz, ein zweimaliger Rallye-Weltmeister, hatte Tränen in den Augen: »Es waren zwei harte Wochen für uns. Wir waren uns nicht sicher, ob Carlos das Rennen würde fahren können. Als noch 30 Runden zu fahren waren, hat er über den Funk gefragt, wie lange es noch gehe, und dass er anfange, sich müde zu fühlen. Da habe ich mir schon Sorgen gemacht. Aber er hat es ja geschafft!«

Kollegen sind sich sicher, dass er ein neues Team findet

Ob Sainz in der Formel 1 allgemein ein wenig unterschätzt werde, wurden Leclerc und der Dritte von Melbourne, Lando Norris, einst Teamkollege des Spaniers bei McLaren vor dessen Wechsel zu Ferrari, gefragt. Und ob er deshalb im Moment ohne Vertrag für die kommende Saison dastehe. »Von denen, auf die es ankommt, den anderen Teamchefs, sicher nicht«, waren sich die beiden ziemlich einig.

Und auch darin, dass sich Carlos Sainz Vázquez de Castro Cenamor Rincón Rebollo Virto Moreno de Aranda Don Per Urrielagoiria Pérez del Pulgar, so sein vollständiger Name, wohl kaum große Sorgen um seine Zukunft machen müsse. Der 29-Jährige stehe sicher bei einigen Topteams ganz oben auf der Liste für 2025. Mercedes wäre sicher eine Möglichkeit, als Hamilton-Nachfolger. Oder auch Red Bull, wo Sainz schon einmal fuhr – wenn Sergio Pérez noch mehr eher durchschnittliche Vorstellungen, wie die in Melbourne mit dem fünften Platz, abliefert.

Vorher möchte er aber auf jeden Fall noch ein paar weitere Erfolge und weniger Achterbahn-ähnliche Wochen erleben. Und damit zumindest indirekt auch Ferrari beweisen, dass man vielleicht doch den falschen Fahrer vor die Tür setzt.

Einen Tipp für seine Fahrerkollegen hatte er auch noch: »Lasst euch den Blinddarm herausnehmen, dann klappt es auch mit dem Gewinnen!«

Formel 1: Sensationssieg von Carlos Sainz – »Lasst euch den Blinddarm rausnehmen, dann klappt es auch mit dem Gewinnen« (2024)
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Author: Kieth Sipes

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